bergbau 1/2006
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aktuell
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bau
Ohne große Investitionen droht
Energie-Verknappung
Berliner Zeitung
: In Deutschland ist der
Energieverbrauch konstant, weltweit hin-
gegen wächst die Nachfrage immens.
danken sie dem Kieler Wissenschaftler Dr.
Wilhelm Weinrebe
. Dessen Vortrag besuch-
te Andreas Thoß im vergangenen Jahr im
Natur- und Erlebniszentrum Maasholm (NEZ)
und steht seitdem in regelmäßigem Kon-
takt zu dem Meeresforscher. Weinrebe lud
die Studenten schließlich zu der Reise ein.
,,So eine Chance bekommt man nicht oft",
freut sich Christoph Warmbrunn über die
Erfahrung.
Die beiden Studenten Andreas Thoß und
Christoph Warmbrunn
werten die auf der
Expedition gewonnenen Daten jetzt im
NEZ aus. ,,Unsere Aufgabe ist es, die Da-
ten, die ein Fächer-Echolot ermittelt hat,
auf ihre Qualität hin zu überprüfen", erklärt
Andreas Thoß
. Aus den Daten soll eine
Karte der Meeresbodenoberfläche erstellt
werden, die dem Kieler Leibnitz-Institut für
Meereswissenschaften als Grundlage für
das Tsunami-Frühwarnsystem dient. Außer-
dem nutzen die Studenten die Ergebnisse
für ihre Diplomarbeit. Rund 5 Monate ha-
ben sie Zeit, die rd. 60000 Datensätze aus-
zuwerten und ihre Abschlussarbeit zu
schreiben.
Anhand der Karte können geeignete Po-
sitionen für Drucksensoren am Meeresbo-
den ermittelt werden. Diese stehen in aku-
stischer Verbindung zu Spezialbojen an der
Meeresoberfläche, die jede Welle via Satel-
lit an Überwachungsstationen an Land sen-
den. Dabei kann das System einen Tsuna-
mi 2 min. nach dem Eintreffen verdächtiger
Daten erkennen. 20 min. bleiben dann, um
das betroffene Krisengebiet zu evakuie-
ren.
Die erste Boje des 45 Mio.
teuren
Frühwarnsystems, das das Geoforschungs-
zentrum Potsdam (GFZ) im Auftrag des
Bundesministeriums für Bildung und For-
schung gemeinsam mit nationalen und
internationalen Partnern entwickelte, wur-
de Mitte November auf den Meeresboden
gesetzt, eine zweite soll im Dezember fol-
gen ­ genau 1 Jahr nach der Katastrophe
vom 26.12.2004. Damit beginnt die In-
stallation des 25 Stationen umspannen-
den seismischen Netzes vor der Küste In-
donesiens, das künftig Menschen in der
gefährdetsten Region ­ dem so genannten
Sundabogen ­ vor Tsunamis warnen soll. 3
Jahre wird es insgesamt dauern, bis das Sy-
stem vollständig installiert ist und wirksamen
Schutz für die Bevölkerung liefern kann. Bis
dahin sollen auch indonesische Experten im
Umgang mit Daten und Gerät geschult wer-
den.
Quelle: Technische Fachhochschule Georg
Agricola, Herner Str. 45, 44787 Bochum
Wulf Bernotat
: Darin liegt in der Tat eine
der größten Herausforderungen an Ener-
giepolitik und -wirtschaft. Der Weltenergie-
verbrauch steigt rasant bei offenkundig be-
grenzten Ressourcen. Weltweit hat es in
den letzten Jahren keinen wirklich nen-
nenswerten Fund einer neuen Öl- oder
Gaslagerstätte gegeben. Damit ist die
Verfügbarkeit von Öl und Gas konstant,
während der Bedarf steigt. Und das führt
mittelfristig zur Verknappung von Energie.
BZ
: Wie soll Deutschland darauf reagie-
ren?
Bernotat
: Bei uns scheint die drohende
Verknappung noch gar nicht richtig er-
kannt zu sein. Unausgesprochen erwartet
der Bürger, dass Energie immer verfügbar
ist. Er regt sich über den Preis auf und über
die Erträge der Unternehmen. Aber er geht
davon aus, dass er Energie immer be-
kommt ­ und zwar immer zu günstigen
Preisen. Wir führen die Energiedebatte
sehr stark unter dem Konsumentenaspekt.
Dabei wird übersehen, dass es bei der En-
ergiesicherung riesige Aufgaben gibt, die
wir wahrnehmen müssen.
BZ
: Wie reagieren andere Länder?
Bernotat
: Die USA waren schon immer
sehr aktiv in der Sicherung ihrer Rohstoff-
versorgung. Aber inzwischen agiert auch
China so und tritt weltweit als Käufer von
Energiereserven und -unternehmen auf.
Und Indien ebenfalls. Wenn wir unsere En-
ergieversorgung sichern wollen, müssen
wir da mitspielen. Es ist kein Naturgesetz,
dass russisches Erdgas immer nach We-
sten fließt. Darüber macht sich aber kei-
ner Gedanken. Auch die Bundesregie-
rung nicht.
BZ
: Die Bundeskanzlerin hat für Anfang
kommenden Jahres einen nationalen En-
ergiegipfel angekündigt.
Bernotat
: Das begrüße ich ausdrücklich.
Aber wir brauchen nicht nur eine Großver-
anstaltung, sondern eine Energie-Agenda,
die über den Tag hinaus trägt. Die ist seit
Jahren überfällig. Eine solche Agenda
muss sich auch mit dem Zielkonflikt zwi-
schen Atomausstieg und drastischer Re-
duzierung des CO
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-Ausstoßes befassen.
Beides gleichzeitig geht nicht, das ist pure
Illusion.
BZ
: Die Engländer denken über einen
Neubau von Kernkraftwerken nach.
Bernotat
: Die Engländer denken darüber
nach, ob sie angesichts der drastisch sin-
kenden eigenen Erdgasförderung neue
Kernkraftwerke für ihren Energie-Mix brau-
chen.
BZ
: Muss eine solche Diskussion auch in
Deutschland geführt werden?
Bernotat
: Über neue Kernkraftwerke
brauchen wir in Deutschland nicht zu re-
den. Wir könnten aber zu dem Ergebnis
kommen, unseren aktuellen Energie-Mix
auch für die Zukunft beizubehalten. Also
mit Kernenergie, erneuerbaren Energien,
Kohle und mit einem wachsenden Gas-An-
teil, der mit gegenwärtig 9% ja noch ver-
gleichsweise niedrig ausfällt. Nur ein aus-
gewogener Mix der Energieträger wird es
uns ermöglichen, den Zielkonflikt zwischen
steigender Energienachfrage und Umwelt-
schutz zu lösen.
Auszug aus einem Interview von Hendrik
Munsberg
und Ewald B. Schulte mit Wulf Ber-
notat
, Vorstandsvorsitzender der E.ON AG in
der Berliner Zeitung (BZ) vom 03.12.2005
E.ON investiert Milliarde in Datteln
Rund 1,2 Mrd.
investiert der Ener-
giekonzern E.ON in den Neubau eines
Steinkohlekraftwerkes im westfäli-
schen Datteln.
,,Die Anlage soll bis 2011 ihren kom-
merziellen Betrieb aufnehmen", sagte der
Geschäftsführer der Betreibergesellschaft
E.ON Kraftwerke, Carsten Seibel, am
22.12.2005 in Datteln. Baubeginn für die
mit einer Leistung von 1100 MW größte
Monoblockanlage Europas soll spätestens
Anfang 2007 sein.
Die neue Anlage mit einem Wirkungs-
grad von mehr als 45 % diene als ,,Mutter-
pause" für weitere Kraftwerksbauten in
Deutschland. ,,Wir wollen diesen Kraft-
werkstyp auf andere Steinkohlestandorte
kopieren", sagte Seibel. Allein in den kom-
menden 15 Jahren sollen laut E.ON 4500
MW Kraftwerksleistung ersetzt werden.
Der Monoblock in Datteln werde demnach
laut Seibel als ,,Ersatzinvestition" für die
Altanlage in Datteln, das Kraftwerk Sham-
rock in Herne und den Kraftwerksblock
Scholven in Gelsenkirchen dienen, die bis
spätestens 2015 vom Netz genommen wer-
den sollen.
Diese Kraftwerke waren in den 50er
und 60er Jahren in Betrieb gegangen.
Carsten Stäblein
, Geschäftsführer von
E.ON Kraftwerke, forderte die Bundesre-
gierung auf, für verlässliche Rahmenbe-
dingungen zu sorgen, um die Milliardenin-
vestitionen in neue Kraftwerke ,,für minde-
stens 40 Jahre" abzusichern. Es dürfe kei-
ne Verschärfung der Umweltrichtlinien für
den deutschen Kraftwerkspark geben. Ei-
ne Verschärfung der Bedingungen für den
Emissionshandel dürfe nicht zu einer Be-
vorzugung einer Kraftwerksart führen. ,,Wir
erwarten von der neuen Bundesregierung,
daß die Wahl zwischen den beiden Ener-
giearten Gas und Kohle bleibt." Ziel müs-
se ein breiter Energiemix in Deutschland
sein.
E.ON plane weitere Gaskraftwerke in
Europa, sagte Stäblein. Allein in Deutsch-
land sollen an den Standorten Irsching bei
Ingolstadt und Emden bis spätestens
2008 neue Gasturbinen in Betrieb ge-
nommen werden. ,,Für die inländischen
Projekte besteht ein Investitionsbedarf